Lieber Herr Medienminister Rösti
Ein offener Brief an den Trumpisten im Schweizerischen Bundesrat.
Betreff: Das UVEK, Donald Trump und die Feinde des Volkes ***bitte um rasche Antwort***
Ich spare mir das übliche Vorgeplänkel. Mittlerweile wissen wahrscheinlich auch die Muotathaler Wetterschmöcker und die Berner Waldmenschen, dass Sie, wie es der Tages-Anzeiger berichtet hat, «zu Trump tendieren» und ich kann von mir nicht behaupten, genauso schockiert gewesen zu sein wie die Polit- und Medienschweiz es vorgibt.
Stattdessen dachte ich mir, dass ich Sie über ein paar Dinge in Kenntnis setzen möchte, die Ihnen Ihre Berater:innen im Medienbüros wohl nicht mitgeteilt haben, vielleicht, weil Sie dachten, dass Sie ja Zeitung läsen, aber selbst Berater:innen können sich irren, darum fällt mir nun diese missliche Aufgabe zu, aber, ach, ich will nicht lamentieren!
Also, Butter bei die Fische. Eben erst hat der von Ihnen favorisierte (und die Frage nach dem «Darf ein Bundesrat das denn?» lassen wir beiseite, einerseits, weil sie sterbenslangweilig ist und schon tausend Mal gestellt wurde, aber auch, weil Ihnen die Antwort ja egal sein kann, schliesslich haben Sie sich selber bereits gesagt, ja Albert, du darfst das*) Kandidat Donald Trump angekündigt, dass er den Newssender CBS verklagen will. Und zwar auf 10 Milliarden Dollar Schadenersatz. (Als Vergleich: Die Expertengruppe des Bundes möchte mit den neuen Austeritätsplänen, die zum Beispiel Gelder bei Kitas streichen sollen, zwischen 2027 und 2030 jedes Jahr rund 5 Milliarden Franken sparen, wie die NZZ weiss.)
Sie fragen sich vielleicht**, wie Donald Trump auf diese absurde Summe kommt und die ehrliche Antwort darauf lautet, wie soll ich das bitte wissen, denn wie kommen Anwälte eines faschistoiden Reality-TV-Politikers auch überhaupt auf irgendwelche Zahlen und Fakten. Warum er es tut, ist einfacher zu beantworten: Weil ihm ein Interview nicht gepasst hat, das CBS ausgestrahlt hat. Oder genauer: Es wurde nicht genau der Teil eines Interviews ausgestrahlt, den er sich gewünscht hätte, heisst es.
Oder sogar noch genauer: Doch, dieser Teil jenes Interviews wurde auch ausgestrahlt, aber nicht dort, wo er es sich gewünscht hätte. Dort wo er es sich gewünscht hätte, lief eine gekürzte Version.
Womöglich sagen Sie sich jetzt, jesses, schon ein bitzli (Achtung an unsere Leser:innen aus AT und DE: Helvetismen!) happig, dass man für sowas gleich ganze 10 Miliarden Dollar hinblättern soll, aber eventuell war der Zusammenschnitt von Trumps Antwort ja auch wirklich gar fies und gemein (so behandelt man Ihren Favoriten gemäss eigenen Aussagen sowieso ständig).
Bevor Sie jetzt bereits weiterdenken, Obacht: Es ging nicht um eine Antwort, die er in einem Interview gegeben hätte. Es ging um eine Antwort, die seine Gegnerin, die linksextreme, äusserst dumme und hässliche Marxistin und Kommunistin Kamala Harris*** gegeben hatte. Und bevor Sie auch hier weiterdenken, nein, es ging nicht einmal in der Antwort nicht um, sondern um Benjamin Netanyahu****. Donald, please-uh, you’re not even a part of this!
In aller Kürze: Donald Trump verklagt ein Medienhaus auf 10 Milliarden Dollar, schlicht deshalb, weil ihm die Berichterstattung nicht passt.
Donald Trump seinerseits wurde nicht von 60 Minutes interviewt. Schon unfair, dass die™ nur seine Kontrahentin interviewen, denken Sie sich jetzt unter Umständen. Es sei aber gesagt, dass das ein hausgemachtes Problem ist. Denn die Einladung für das Interview, bei dem es – eigentlich ganz nach seinem Gusto – nur um ihn ginge, hat er bisher abgelehnt. Ach, und die Schadenersatzklage alleine reicht ihm übrigens nicht. Er und sein Team verlangen Einsicht in die Interviewtranskripte von CBS. Ja, auch das noch.
So gesamthaft klingt doch verdächtig autokratisch. Aber allenfalls kann man ihm ja auch den sogenannten benefit of doubt geben, sein Verhältnis zu Medien ist schliesslich auch sonst ganz unproble– Entschuldigen Sie, Herr Rösti, eine Sekunde, ich erhalte gerade neue Informationen. Ja? Ah, gut. Okay. Interessant…
Also, Herr Medienminister Rösti, ich bin wieder bei Ihnen. Man hat mir gerade gesagt, na, so gut sei das Verhältnis zwischen Medien und Trump auch wieder nicht. Nein, ich meine nicht einfach die Fake-News-Vorwürfe, die kennen wir doch schon seit Jahren.
Nein, das Verhältnis ist hass-inniger als das. CNN (das sei die Abk. für Clinton News Network, sagen mir Trump-Fans auf Twitter) hat kürzlich nachgezählt, Trump hat in der letzten Zeit fünfzehn (15) Mal gedroht, Fernsehsendern die Lizenz wegzunehmen, darunter CBS, ABC, NBC und sogar seinen Freunden bei Fox News. Obwohl das so nicht wirklich funktioniert, aber das kümmert Trump ja nicht, wie Sie bestimmt wissen.
But let me tell you (← stellen Sie sich das in Trumps Stimme vor), das ist nicht der einzige Vorfall zwischen Trump und Medien. Nein, auf neueren Wahlkampfveranstaltungen hat er die Medien als «Feind des Volkes» bezeichnet, mehrfach, immer wieder, so zum Beispiel auch in Pennsylvania im August, wo er sagte, dass die New York Times eben jener Feind des Volkes sei und nichts anderes tue, als falsche Geschichten über ihn zu schreiben. Vielleicht empfinden Sie das beim Blick in die hiesigen Medien, beim Lesen von Geschichten über sich selber ja auch so, wer weiss. Jedenfalls stürmte ein Demonstrant in Pennsylvania in den Mediengraben und Trump, gerade dabei, die Presse zu verbal zu traktieren, kommentierte das mit «Schön, der ist auf unserer Seite». Wie man sieht, hat die eskalierende Anti-Medien-Rhetorik von Donald Trump reale Konsequenzen. Überraschend.
Edit, 4.11.24: Mittlerweile fantasiert Trump sogar offen über die Erschiessung von Journalisten.
Fassen wir doch zusammen:
Donald Trump verlangt 10 Milliarden***** Dollar Schadenersatz von einem Sender, weil dieser nicht genau so sendet, wie er es verlangt, fordert Einsicht in die Interviewtranskripte jenes Senders, möchte diversen anderen Broadcastern die Lizenz entziehen, ganz egal, ob das so funktioniert oder nicht und bezeichnet Journalist:innen als Feinde des Volkes.
Ich könnte noch weitere Dinge aufzählen, but I think, I hope, you get my point.
Weshalb ich Ihnen diesen Brief schreibe, Herr Bundesrat Rösti? Zunächst: Sie tun mir wirklich Leid. Die ganze Welt ist in Aufruhr, einfach, weil Sie, der g’mögige Bundesrat, von allen Berater:innen wohl nicht auf den aktuellsten Kenntnisstand gesetzt wurde und Sie all das, was ich hier schreibe, garantiert nicht wussten, sonst hätten Sie es doch nie gesagt.
Aber nicht nur deshalb habe ich viel Mitgefühl mit Ihnen, Herr Rösti. Ihnen schlägt gerade so viel Unverständnis entgegen, einfach nur, weil Sie, Herr Medienminister Rösti****** sagen, Sie «tendieren zu Trump», weil Sie, mutig wie Sie sind, eine andere Meinung haben. Das muss man doch noch sagen dürfen! Ach, so viel Hass in den sozialen Medien. Das muss schwierig sein, so ungehört und unverstanden zu sein.
Darum möchte ich Ihnen, lieber Albert – ich darf Sie doch Albert nennen? – einfach sagen: Ich verstehe Sie*******.
Liebe Grüsse
Robin
*und Sie können meinetwegen noch so herumvolkstümeln bis sämtliche Bundeshausjournalist:innen glauben, dass Sie eigentlich auf der Alp wohnen, aber ich möchte Sie wirklich nicht infantilisieren und glaube, dass Sie sich solche Fragen sehr wohl stellen, also, hoffentlich jedenfalls oder, naja, vielleicht auch nicht
**vielleicht fragen Sie sich auch, kann auch ich irgendein Medienhaus verklagen? Damit wäre ich am Ende der Haushaltsheld!
***ich habe diese Angaben nicht überprüft, aber Sie stammen von Ihrem Favoriten, der wird schon korrekte Dinge sagen
****gut, anscheinend sind die beiden ja auch gut befreundet und telefonieren öfter miteinander und reden über zukünftige Pläne, obwohl das gemäss Logan Act verboten wäre, aber Ihr Favorit darf sich das schon rausnehmen, er ist ja ein ganz Spezieller, sie haben schliesslich auch entschieden, dass Sie dürfen
*****Das sind knapp 529 Jahre Fördergelder für Swissinfo, die sie ja im Rahmen des eingangs erwähnten Sparpakets des Bundes einsparen möchten, nur damit Sie einen Vergleich haben, in Fussballfelder kann ich es leider nicht umrechnen
******von der Partei, die am liebsten das Ende der öffentlich-rechtlichen Medien sehen würde, siehe Halbierungsininitiative und NoBillag
*******ahne, weshalb Sie so denken
Wie eigentlich muss man sich das bildlich vorstellen, wenn BR Albert Rösti sich zu Präsidentschaftskandidat Donald Trump neigt. Kuss eines Siegelrings? Passt doch gar nicht zu unserem Bärti. Oder blinzelt er dabei gar noch verschwörerisch Kamalala zu? Das sind schwierige Fragen, mit denen uns unser Bundesrat AR allein lässt.